Von Maden und Leichen: Interview mit dem Entomologen Dr. Amendt

Maden (Photo by Paul Venter)
(Foto von Paul Venter [CC BY-SA 3.0] via Wikimedia Commons)

Am 21.09.2017 hielt Dr. Jens Amendt am OHG einen Vortrag mit dem Thema „Die Natur als Spur – mit Schmeißfliege & Co. auf Verbrecherjagd“. Vorab stimmte er auch einem Interview zu, das sich hier im Artikel verschriftlicht wiederfindet. Seinen Vortrag hielt er über die entomologischen Aspekte der Verbrechensaufklärung. Dabei ging er darauf ein, wie man durch verschiedene Insekten, die auf Leichen gefunden werden, der Todeszeitpunkt bestimmt kann. Hierzu erklärte er beispielsweise auch, dass durch das Entwicklungsstadium bestimmter Insekten die Liegezeit einer Leiche bestimmt wird. Zudem stellte er einige Experimente vor, durch die man versucht, die Liegezeitbestimmung noch zu präzisieren. Ebenso wurde eine Vielzahl von Bildern gezeigt.

1. Wie sind sie zu dem Beruf gekommen?

„Also, ich habe Biologie studiert und mich im Laufe meines Studiums auf Entomologie spezialisiert und hab dann mit ganz anderen Tieren promoviert, mit pflanzenfressenden Insekten. Anschließend habe ich in den 90ern auf einen Entomologen-Tagung Kollegen aus der USA kennengelernt, die die Technik mit Insekten auf Leichen zu Arbeiten vorgestellt haben. Und weil mich das sehr interessiert hat und es sowas in Deutschland noch nicht gab, habe ich in der Rechtsmedizin nachgefragt, ob die daran Interesse hätten. Dort war man davon total begeistert, weshalb wir angefangen haben das dort als Anwendungs- und Forschungszweig aufzubauen.“

2. Haben sie sich schon früher für Forensik/Entomologie interessiert?

„Ich habe immer Krimis gelesen, so wie viele andere wahrscheinlich auch. An der Technik war ich dabei nie so interessiert, eher an der Story dahinter. Und mit den Insekten war das eigentlich ähnlich. Biologie habe ich eigentlich aus ganz anderen Gründen studiert. Und dann kam ich da zufällig zur Forensik.“

3. Gewöhnt man sich irgendwann an den Geruch?

„Joa.. eigentlich nicht, also ich finds eklig.“

4. Was mögen Sie an Ihrer Arbeit am liebsten/wenigsten?

„Also diese reine Fallarbeit, bei der man sich vielleicht acht Stunden mit irgendeiner Bestimmung beschäftigen muss… das ist manchmal ziemlich nervig. Ansonsten finde ich es toll, dass ich mir manchmal am Abend genau überlegen muss, was ich eigentlich am Tag gemacht habe, weil ich unheimlich viele verschiedene Sachen mache…also ich habe mit Studenten zu tun, muss der Polizei irgendeine Probe abnehmen, etwas erklären, ich muss zum Fundort fahren um irgendwelche Insekten zu sammeln, bei der Obduktion teilnehmen, Vorlesungen halten,…“

5. Gibt es ein Insekt das sie wirklich überhaupt nicht mögen?

„Eigentlich nicht, ne.. also naja.. alles was größer wird… also ich finde Ratten ekelig zum Beispiel…“

<6. Was treibt Sie in diesem Beruf an?´

 „Das man wirklich unheimlich viel Neues machen und noch Forschen kann.“

7. Was interessiert Sie an der Wissenschaft am meisten und warum gerade in diesem Bereich?

„Insektenökologie, also alles was so an Interaktionen zwischen den Insekten abläuft und wie die sich gegenseitig beeinflussen.“

8. Beschäftigen Sie sich auch in Ihrer Freizeit mit Wissenschaft oder nur beruflich?

„Eigentlich nur beruflich.“

9. Was halten Sie von dieser Schule hier?

„Ja also es ist ein schönes Containerdorf. Definitiv. Also das kann ich wirklich nicht sagen, die Schule sieht ja ganz anders aus als sie wahrscheinlich normalerweise aussieht, aber ein Grund wieso ich hier bin ist, dass sie ja offensichtlich Sachen macht, die andere Schulen nicht machen und deswegen habe ich auch gesagt, dass ich gerne den Vortrag halte.“

10. Welches Fach war früher Ihr Lieblingsfach?

„Erstmal glaube ich Deutsch und dann auch Bio… ich war immer mehr so mehr der Sprachen-Mensch und habe mich auch für Politikwissenschaften und sowas interessiert. Aber später hatte ich dann auch den Deutsch und den Bio LK.“

11. Was halten Ihre Freunde/Verwandte von Ihrem Beruf, hat Ihre Familie Sie hierbei unterstützt?

„Ja, eigentlich schon, aber in der Tat kriege ich das so hin, dass ich zu Hause nicht so viel in dem Bereich mache, also manchmal gibt’s Fälle, über die ich rede aber das wars dann auch…“

12. Engagieren sie sich politisch?

„Also ich engagiere mich nicht wirklich politisch… also ich beschäftige mich mit dem Thema schon und es ist für mich wichtig zu wissen, was draußen so vor sich geht… Ich wähle also jetzt nicht Die Partei zum Beispiel… Ich bin schon politisch aktiv, aber ich engagiere mich nicht in dem Sinne das ich in einer Organisation bin.“

13. Schauen Sie in Ihrer Freizeit wissenschaftliche Serien/ lesen wissenschaftliche Bücher?

„Selten. Ne. Da muss ich eigentlich nein sagen.“

14. Werden die Methoden zur Verbrechensaufklärung die in Sendungen gezeigt werden, wirklich eingesetzt oder gibt es große Unterschiede?

„Da finde ich, da ist vieles besser geworden, also würde ich pauschal erstmal ja sagen. Problematisch ist in der Regel die Zeit, die der Krimi nicht hat… also vieles passiert viel zu schnell und meistens gibt es in Serien nur einen Rechtsmediziner der aber die Aufgaben von mehreren verschiedenen Experten erledigt. Aber ansonsten von der Methodik ist da vieles schon sehr gut.“

15. Was würden Sie Jugendlichen sagen, die später vielleicht einmal einen Beruf im wissenschaftlichen oder speziell im forensischen Bereich ausüben wollen?

„Ich würde allen raten, dass sie auf jeden Fall das machen sollen, was ihnen Spaß macht und ich würde auch nicht an einer Uni bleiben um möglichst viel zu sehen und viele verschiedene Sachen auszuprobieren und ich würde viele Praktika machen und auch mal ins Ausland gehen.“

Das Interview wurde geführt von Lisa Papenhagen (EF)

Ihr findet übrigens das Video eines Vortrags von Dr. Amendt bei einem Science Slam unter dem folgenden Link: https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/campus-slam/campus-slam-frankfurt-jens-amendt-100.html