Gaming aus Sicht eines Gamers

Gaming ist in der heutigen Zeit ein unglaublich brisantes Thema, über das schon seit einigen Jahren ähnlich hitzig diskutiert wird wie zu früheren Zeiten über Alkoholkonsum. Doch trotz besagter Diskussionen sind viele Erwachsene immer noch der Meinung, dass Computerspiele das Machwerk von Satan persönlich und die Gaming- Abteilung eines Elektromarktes die Vorhölle seien.

Aber warum ist das so? Ist tatsächlich etwas an den Gerüchten dran, dass sogenannte „Shooter“ unsere Kinder zu ruchlosen Killern machen? Im Folgenden werde ich Ihnen (unter Zuhilfenahme von wissenschaftlichen Studien, Fakten und einer Prise eigener Erfahrung) zeigen, dass Gaming keine Kreation des Teufels in Person, sondern eine Bereicherung für Kultur und Gesellschaft ist.

Der Grund, aus dem ein so negatives Bild in den Köpfen der meisten erscheint, wenn der Begriff Gaming von irgendwem in den Mund genommen wird, ist der, dass Radiosendungen, Privatsender und vor allem manche Zeitungen gegen die Gaming Szene hetzen (ich sage nicht, dass jeder Privatsender, jede Radiosendung und jede Zeitung Ängste gegen Gaming schürt, ich sage nur, dass manche sich solcher Taten schuldig machen).

Das, was mir während der Recherche zu diesem Beitrag aufgefallen ist, ist, dass eben besagte Medien immer noch ein sehr reduziertes Bild von Computerspielen haben, nämlich, dass jede Art von Spiel, in dem ein Tropfen Blut vorkommt, ein sogenanntes „Killerspiel“ sei. Zitat aus einem Bericht der Internetseite von ProSieben Newstime von vor zwei Jahren:„Auch nach dem Amoklauf von München will Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) Computer-Killerspiele nicht verbieten. Verbotsforderungen seien lediglich eine „politische Beruhigungspille“. Nach Angaben der Ermittler in München spielte der Täter intensiv gewaltverherrlichende Computerspiele wie Counterstrike. Das sei typisch für Amokläufer. Bereits nach den Amokläufen von Erfurt (2002), Emsdetten (2006) und Winnenden (2009) hatten Politik und Gesellschaft über ein Verbot sogenannter „Ego-Shooter“-Spiele debattiert. 2005 stand die Forderung nach einem Verbot sogar im Koalitionsvertrag.“

Mit Verlaub: Das ist kein Bericht, das ist eine Kampfschrift. Zuerst einmal ist Counterstrike in den Augen Von ProSieben und Co. ein Synonym für die sogenannten „Killerspiele“. Das weiß ich, weil Counterstrike ein Mitauslöser der ganzen sogenannten Killerspieldebatte war. Und besagte Debatte wurde von – Überraschung – mitunter ProSieben und Co. ausgelöst. Vor ungefähr fünfzehn Jahren startete diese ganze Debatte. Bis 2003 war die Meinung von etlichen Sendern zu Videospielen, dass sich das ohnehin nicht durchsetzen würde, aber dann entwickelte sich eine komplett neue Szene rund um dieses Thema. Dann, als die Sender das erkannten, startete diese Debatte. Nach der sehr intensiven Besprechung in etlichen Talkshows, Radiosendungen und Zeitungen, hielten viele (eingeschlossen ich) den Spuk für beendet. Aber eine Sendung auf ProSiebenProSieben Newstime – machte wieder eine Reihe von sogenannten “Berichten“ über Spiele wie (oben genannt) Counterstrike, Starcraft 2 oder über Fortnite.

Starcraft 2, seines Zeichens das Paradebeispiel für gute Echtzeitstrategiespiele, wurde in dem sogenannten Bericht als – Zitat – „Genozid Simulator“ bezeichnet. Was die in diesem Bericht schon sehr oft erwähnte ProSieben-Sendung zu Fortnite zu sagen hat: „Millionen Jugendliche üben sich derzeit im Überlebenskampf, nur, wer andere abknallt, überlebt, zumindest online. Das Computerspiel Fortnite Battle Royal ist der Renner auf deutschen Schulhöfen, weltweit gibt es mehr als 20 Millionen Nutzer, und jetzt schlagen Jugendschützer Alarm“.

Innerhalb von 18 Sekunden so wenig Scheinjournalismus von sich zu geben, ist eine Kunst für sich. Ok, arbeiten wir das mal durch.
Erstens: Den Satz „nur wer andere abknallt, überlebt, zumindest online“ hätte man auch neutraler und milder formulieren können.
Zweitens: Fortnite ist ein Spiel, was man wirklich fast überall spielen darf und kann, nur nicht auf deutschen Schulhöfen.
Drittens: Es gibt weitaus mehr als 20 Millionen aktive Spieler.
Viertens: Wenn Jugendschützer Alarm schlagen würden, würde man dann nicht auch von den öffentlich–rechtlichen Sendern etwas über das Thema hören, und nicht nur von den Sendern der ProSieben/Sat.1 Mediengruppe?

Das war eine Analyse der ersten 18 Sekunden dieses billigen Machwerkes. Wenn ich den Ganzen sogenannten Bericht mit reingenommen hätte, so wäre das gerade eben keine 4-Punkte sondern 40-Punkte Liste geworden. Sollten Sie sich den kompletten Clip ansehen wollen: Geben Sie einfach die Begriffe „ProSieben“ und „Killerspiele“ auf Youtube ein, das zweite Ergebnis ist der fragliche Clip. Jedoch ist das Komischste an dem ganzen sogenannten Bericht: Eine praktisch identische Version des Berichtes wurde ein paar Tage später auf dem Sender N24 / WELT gesendet. Deshalb ein kleiner Tipp: Sollten Sie auf der Suche nach seriösen Nachrichten sein: Bleiben Sie bei den öffentlich rechtlichen Fernseh- und Radiosendern. Die Privatsender sind nämlich nicht verpflichtet, zu recherchieren oder Fakten in ihre Nachrichtensendungen zu packen, im Gegensatz zu den Öffentlich- rechtlichen.

Ja, es mag sein, dass man in Starcraft 2 nicht mit seinen Gegnern Tee trinkt und ja, auch Fortnite und Counterstrike sind nicht gerade die Spiele, die ein pazifistisch orientierter Gamer in seinen PC schmeißen würde. Aber das heißt noch lange nicht, das seien Simulatoren für interdimensionalen Völkermord oder digitale Trainingsmöglichkeiten für Amokläufer. Der Begriff Killerspiel sagt nämlich genau das aus. Es geht in diesen Spielen vor allem um Teamwork, Taktik und Strategie, wie der Begriff Strategiespiel im Falle von Starcraft 2, aussagt.

Natürlich: Manche Amokläufe haben sogenannte „Shooter“ gespielt, aber denken Sie wirklich, dass einen ein Virtuelles Spiel auf die Realität vorbereiten kann? Oder um ein Beispiel zu nennen: Denken Sie, beim Abfeuern einer virtuellen Patrone fühlt man den Rückstoß eines echten Gewehrs? Und es gibt auch einige Spieler die es mit dem Spielen übertreiben, aber das sind nicht alle, ja, es ist nicht einmal die Mehrheit.
Und zum Abschluss: Ja, es gibt auch Menschen, die sich größtenteils von Junkfood ernähren und die wie die eben genannte Gruppe kein Leben abseits des Spiels haben. Aber das ist eine noch kleinere Minderheit.

Also, wenn Sie das nächste Mal von Gaming reden, denken Sie über das nach, was ich hier geschrieben habe, und ich hoffe, dass sich nach diesem Bericht das Bild, das Sie im Kopf haben, wenn Sie die Wörter Gaming und Gamer lesen oder hören, geändert hat. Denn eigentlich sind wir Gamer keine traurigen Nerds, die in dunklen Kämmerchen auf den Tod warten. Ich weiß es aus erster Hand: Ich bin ambitionierter Gamer, Nerd von Beruf und das wichtigste: 12 Jahre alt.(zur Zeit der originalen Verfassung des Artikels)

Bis zum nächsten Mal,

Ihr Jacob Tepper

(Dieser Artikel ist auch in unserer Druckausgabe von OHG News erschienen.)