Der Videospielmarkt und die Gier, die ihn steuert.

Nach meinem letzten groß angelegten Artikel über das Thema Gaming dachte ich, selbiges Thema sei abgehakt. Ursprünglich war ich nämlich der Meinung, es gäbe über das Thema nichts mehr zu sagen, und dass ich die großen Kritikpunkte des allgemeinen Feldes der Videospiele beleuchtet hätte. Jedoch wurde mir klar, dass ich in meinem vorangegangenen Artikel nur eine Seite beleuchtet habe und einen großen Streitpunkt, den viele am Thema Gaming finden, komplett ausließ: Den Markt. Denn wo ich mich in meinem hier schon mehrfach erwähnten vorherigen Artikel nur mit den widersprüchlichen Meinungen und Aussagen von Politikern und Journalisten auseinandergesetzt habe, so ist eines der größten Probleme des Gamings die Gaming-Industrie. Denn wenn man sich mal in der heutigen Gaminglandschaft umschaut, so merkt man, dass viele Entwickler schon lange nicht mehr im Namen der Spieler und der Community handeln, sondern alles tun, um so viel Geld wie möglich aus ihren Spielen zu pressen.

Nun, wie kam ich darauf. Letztes Jahr leistete sich einer der größten Entwickler unserer Zeit, Blizzard Entertainment, der in den letzten Jahren als eine der “freundlichsten“ und fairsten Firmen galt, einen Skandal kolossalen Ausmaßes. Eben jener Entwickler bannte in einem offiziellen Turnier seines Kartenspiels “Hearthstone“ einen Teilnehmer namens “Blitz Chung“ wenige Sekunden nachdem dieser „Free Hongkong!“ in die Kamera schrie. Er wurde jedoch nicht nur gebannt, sondern ihm wurden all seine bisherigen Gewinne in Turnieren aberkannt und die beiden Kommentatoren, die das Spiel begutachteten, mussten auch gehen. Und warum das Ganze? Es stellte sich heraus, dass Blizzard in der letzten Zeit einen Großteil seines Umsatzes in China macht, und offenbar vor der chinesischen Führung kuschte, damit diese der Firma nicht den Zugang zu ihrem gigantischen Markt verwehrte, der China nun einmal ist. Und Blizzard ist, wie bereits erwähnt, eine der Firmen, bei denen ein Skandal dieser Größenordnung bislang nie vorkam. Also, was soll das? Um diese Frage zu klären, müssen wir etwas zurückgehen, in das Jahr 2006. In diesem Zeitraum dominierten MMOs wie World of Warcraft (vom eben genannten Entwickler Blizzard) oder Runescape den Markt. Dieses Jahr ist so spannend, da sich das damals bereits große Studio “Bethesda“ etwas traute, wovor bisher noch alle anderen Publisher Angst hatten: In ihrem Titel “The Elderscrolls:Oblivion“ verpackte der Entwickler den weltweit ersten kaufbaren Inhalt in einem Vollpreis Titel (Bezeichnung für ein Spiel, das 60 oder mehr Euro kostet). Eine digitale goldene Pferdedecke, die einem nichts brachte, außer besseres Aussehen, für einen Preis von 2 Euro. Die Spielerschaft,von der man eigentlich erwartet hätte, sie wäre erzürnt, riss die Decken Bethesda wider Erwarten förmlich aus den Händen.

2013 wagte sich der Publisher EA (Electronic Arts) einen Schritt weiter und baute im Spiel “Dead Space 3“ Waffen, die man für den Fortgang des Spiels brauchte, ein, für die man sich entweder stundenlang abrackern musste, oder die man sich ganz einfach und komfortabel für Echtgeld kaufen konnte. Da das Spiel darüber hinaus noch genug Probleme hatte, schwieg die Presse größtenteils über den implementierten Kaufdrang, was die Studios dazu animierte, immer dreister zu werden.

Ein Jahr später brachte die japanische Firma “Nintendo“ das Spiel “Super Smash Bros. U“ zusammen mit der dazugehörigen Konsole “Wii U“ auf den Markt. Abgesehen davon, dass die Wii U ein riesiger Flop für den Konzern war, da sie so gut wie niemand gekauft hatte, war das Spiel Super Smash Bros U ein guter und anerkannter Ableger der Reihe, jedoch mit einem kleinen Haken: Es war der erste Teil der heute 21 Jahre alten Reihe, der kaufbare Inhalte besaß. Für „schlappe“ 4 Euro konnte man sich in einem Spiel für 60 Euro neue Charaktere kaufen, die schon vor Veröffentlichung angekündigt wurden. Jedoch gab es keinen Aufschrei, keinen Shitstorm (öffentlicher Skandal), geschweige denn irgendeinen Beitrag der Presse zu diesem Thema. Scheinbar wurde es damals einfach hingenommen, da die Spieler an so etwas schon gewöhnt waren. Spiele wie “Chrusader Kings 2“(2011), vom Studio “Paradox“, das mit seinen 12 DLCs (Pakete an kaufbaren Inhalten) einen Kultstatus unter den Strategiespielen erlangt hatte, härtete die Community scheinbar so sehr ab, dass Mikrotransaktionen (Begriff für kaufbare Inhalte im Spiel) als normal angesehen wurden.

Jedoch trieb der eben erwähnte Publisher EA dieses ganze Drama auf die Spitze: Selbiger Publisher verbaute in seinem Shooter “Starwars Battlefront:2“ ein System ein, das einem so offensichtlich perfide das Geld aus der Tasche ziehen sollte, dass dieses System eine Debatte gigantischen Ausmaßes lostrat. Das System funktionierte ungefähr so (und bitte bedenkt, für dieses Spiel zahlte man damals 60-70 Euro): In dem Spiel gab und gibt es verschiedene Einheiten und Helden, die eine definierte Stärke hatten, die man jedoch nicht von Anfang an besaß. Um diese freizuspielen, musste man sogenannte “Lootboxen“ (eine digitale Box, in der alle möglichen Inhalte für das Spiel sein können) öffnen, die es bis heute noch in manchen Vollpreistiteln gibt. Diese Lootboxen hatten, je nach Preis, eine höhere Chance, die Klassen und Fähigkeiten, die man wollte und brauchte, zu enthalten. Diese Inhalte brachten den Spielern teils drastische Vorteile ingame selbst und konnten einerseits mit ingame Währung (Währung, die man sich erspielen kann), aber andererseits auch mit Echtgeld erworben werden. Nun hatte sich kurz nach der Veröffentlichung jemand hingesetzt und ausgerechnet, wie lange man ungefähr brauchte, um sich den teuersten Helden “Darth Vader“ freizuspielen. Das Ergebnis dieser Rechnung ergab, dass man 40-60 Stunden (je nach Glück) brauchte, um sich diesen einen Chrarakter zu erspielen. Man konnte jedoch diesen ganzen Prozess umgehen, indem man sich die dafür nötigen Boxen mit Echtgeld kaufte. In einem Spiel, für das man bereits 60 Euro gezahlt hat! Der Aufschrei war natürlich riesig, und EA ruderte sofort zurück und entfernte das System nach wenigen Wochen, was den Ruf des Studios aber auch nicht mehr retten konnte. Denn EA war damit der erste Entwickler, der in einem Onlinespiel spielentscheidende Inhalte in Lootboxen packte, was nicht gängig war, da man sich doch bisher nur auf Kosmetisches beschränkt hatte.

All dies macht mich sehr nachdenklich, da sich das Spielen in den letzten 20 Jahren massiv verändert hat. Es reicht nicht mehr, einfach nur ein Spiel zu veröffentlichen. Jedes Spiel, egal ob Singelplayer (Einzelspieler-Titel) oder Multiplayer (Mehrspieler-Titel), muss bis auf den letzten Drücker mit Mikrotransaktionen vollgestopft sein, um damit soviel Geld wie möglich zu machen. Und die Spieler animieren die Entwickler durch den Kauf dieser Inhalte weiter dazu, ihre Produkte immer profitorientierter zu machen. Also, solltest du eine Leidenschaft für Gaming hegen, versuche darüber nach zudenken, wofür du Geld ausgibst, und ob es sich überhaupt lohnt, diese Studios, ob Blizzard, Bethesda, Paradox oder EA, in ihrem Tun zu unterstützen.

Bis zum nächsten Mal, Jacob Tepper